[Rezension] Thor (2014-15)

Der Spoiler ist unvermeidlich: In dieser Reihe ist eine Frau Thor. Und nicht mehr Thor Odinsson. Aber Moment, Thor war doch gleich Thor? Nicht im Marvel-Universum. Thor Odinsson ist die Figur, die wir als Thor kennen – der Gott Thor ist allerdings die Person, die die Aufgabe des Gottes erfüllt (und damit worthy ist und den Hammer schwingt). Genau, Person. Denn abgesehen von einigen kleinen unbekannteren Comic-Reihen hat es ja doch noch niemand sonst geschafft, den Hammer anzuheben. Aber zugegebenermaßen hat es eben außer Villains und Typen noch niemand versucht. Und dass mit der neuen Thor -Figur die Welten eben dieser Typen zusammenbrechen, ist eigentlich der erfreulichste Plotstrang an diesem Comic.

Immerhin sind so auch Figuren wie Thor Odinsson, der gerade in der MCU-Version gerne mal als supportive Ally von Frauen und queeren Figuren gehandelt wird, einer regelrechten inneren Krise ausgesetzt, als die neue Thor-Figur auf den Plan tritt. Immerhin kommt der Plot erst zustande, weil Thor den Hammer nicht (mehr) heben kann, nicht mehr seiner würdig ist. Und dann kommt diese neue Figur, und hat nicht nur den Anspruch, seine Arbeit zu machen, sondern weist ihn auch noch zurecht, wenn er sie anmault oder anzweifelt. Dabei gibt Thor Odinsson in dieser Reihe durchaus eine schlechte Figur ab – wenn auch eine nicht ganz so schlecht wie sein Vater, der nebenbei noch damit zu tun hat, voll toxischer Männlichkeit eine (vermeintliche) Oberhand in seiner Ehe zu Freya zu behalten.

Freya taucht in dieser Serie überraschend viel auf, und das bedeutet leider auch nicht mehr als eine winzige Szene pro Band mit ein paar Anspielungen. Aber sie bekommt Agency, und einen kleinen Subplot – und endlich darf sie auch mal hoch aufgerichtet durch Panels gehen und eine Ausstrahlung haben, die klarmacht, wer sie ist. Und wie mächtig. Die Meinung der Männer in ihrem Umfeld darüber ist nicht relevant, und das zeigt sie in diesem Band. Und auch, dass sie hier noch nicht einmal anfängt, ihre Fähigkeiten ganz auszuschöpfen. Das macht beim Lesen einfach Spaß.

Thor und Freya auf dem Mond. Thor fliegt davon, Freya sieht ihr nach und murmelt „Should have picked the damn thing up when I had the chance.“

Die Panels sind wunderbar. Ich habe lange nicht mehr so viel so gute Bewegung gesehen, so viel Bedeutung über eine selbstbewusste Körperhaltung von gerade einer weiblichen Figur. Thor steht in vielen Panels einfach da, und selbst in diesen kleinen Panels ist gut erkennbar, dass sich die Gravitation nach ihr richtet, dass alle anderen sie beobachten und dass sie doch nicht ansatzweise die Kraft und das Standing haben, dass sie in dieser Reihe hat.

Viel mehr kann ich wohl nicht sagen, ohne den Plot selbst vorwegzunehmen. Aber Wow, es lohnt sich. Es lohnt sich wirklich sehr. Es ist ein Rausch von Bildern. Und gutem, feministischem Inhalt. Verdammt schade, dass die Reihe so kurz ist.

Thor und Thor Odinsson streiten – Thor Odinsson schreit sie an, sie hält ihm den Hammer entgegen und entgegnet „Calm thyself down“.

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